Die industrielle Fertigung wird zunehmend komplexer. Unternehmen stehen nicht nur unter dem Druck, Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern, sondern müssen auch immer strengere Anforderungen in Bezug auf Sicherheit, Qualität und regulatorische Vorgaben erfüllen. In diesem Zusammenhang spielt Monitoring eine entscheidende Rolle – es ermöglicht schnelle Reaktionen auf Störungen, die Analyse von Stillstands Ursachen und die Optimierung von Prozessen. Das Problem: Herkömmliche Methoden der Datenerfassung reichen nicht mehr aus. Bedienerprotokolle sind oft fehleranfällig, physische Sensoren erfordern teure Umrüstungen und verteilte Trackingsysteme lassen sich nur schwer integrieren.
Die Lösung? Das Konzept „Camera-as-a-Sensor“: eine universelle Sensortechnologie, die durch künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen unterstützt wird. Sie ermöglicht eine flexible, nichtinvasive und skalierbare Überwachung von Produktion, Maschinen und Personal.
Inhaltsverzeichnis
Warum herkömmliche Produktions- und Maschinenüberwachung nicht mehr ausreicht
Bevor man neue Ansätze verfolgt, sollte man verstehen, warum traditionelle Methoden an ihre Grenzen stoßen. Das größte Problem bei der Produktionsüberwachung ist der Mangel an verlässlichen Daten. In vielen Fabriken basieren die Informationen immer noch auf den manuellen Angaben der Bediener, die über Arbeitskarten ins System eingegeben werden. Diese Form der Datenerfassung ist fehleranfällig und erlaubt keine Echtzeitüberwachung der Leistung. Der Einsatz physischer Sensoren bringt wiederum häufige Umrüstungen bei Sortimentswechseln mit sich – ein erheblicher Aufwand, vor allem in produktionsintensiven Umgebungen mit hoher Produktvielfalt.
Auch die Maschinenüberwachung bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich. Stillstände durch Störungen sind extrem kostspielig, und Eingriffe in die Steuerungssoftware (z. B. PLC) sind oft aufgrund regulatorischer oder validierungsbezogener Anforderungen nicht möglich. Zudem müssen herkömmliche Sensoren regelmäßig kalibriert werden, was zusätzliche Stillstände und Wartungskosten verursacht.
Ein ebenso wichtiger Bereich ist die Überwachung des Bedienpersonals. Angesichts steigender Anforderungen an Ergonomie und Sicherheit erweisen sich klassische Systeme wie RFID, RTLS oder Motion Tracking als unzureichend. Ihre Implementierung ist kostenintensiv, zeitaufwendig und nur schwer skalierbar. Darüber hinaus sind die erfassten Daten oft fragmentiert, was eine konsistente Auswertung erschwert.

Kamera als Sensor – Wie KI und Computer Vision die intelligente Überwachung ermöglichen
Das Konzept Camera-as-a-Sensor nutzt Kameras als universelle Sensoren zur Überwachung von Prozessen, Maschinen und Bedienpersonal. Der entscheidende Unterschied zu klassischen Sensoren: Kameras greifen nicht in die Konstruktion oder Software der Maschinen ein – sie beobachten die Abläufe seitlich und berührungslos.
Die Kamerabilder werden mithilfe fortschrittlicher Computer-Vision-Algorithmen sowie künstlicher Intelligenz und Machine Learning analysiert. Dadurch kann das System:
- Anomalien erkennen,
- Produkte zählen,
- die Linienleistung überwachen,
- sowie das Verhalten der Bediener hinsichtlich Ergonomie und Sicherheit analysieren.
Ein weiterer Vorteil: Das System lernt kontinuierlich dazu – die Modelle entwickeln sich mit neuen Daten weiter, und neue Funktionen können remote implementiert werden, ohne die Produktion zu unterbrechen.

Integration von Camera-as-a-Sensor in bestehende Infrastrukturen
Ein wesentlicher Vorteil dieses Ansatzes ist die einfache Integration. Für die Implementierung des Systems benötigt man lediglich eine Kamera, eine Recheneinheit, Analysesoftware und ein Dashboard zur Datenvisualisierung. Es ist kein Eingriff in Maschinen oder Steuerungen notwendig – somit entfallen Risiken im Zusammenhang mit Revalidierung oder Garantieverlust.
Darüber hinaus lässt sich das System problemlos in bestehende IT-Landschaften wie MES-, ERP- oder SCADA-Systeme einbinden, sodass Kameradaten Teil eines umfassenderen Produktionsmanagement-Ökosystems werden. Dank der modularen Architektur ist Camera-as-a-Sensor einfach skalierbar und kann flexibel auf weitere Produktionslinien oder ganze Werke ausgeweitet werden.

Technische und geschäftliche Vorteile der Einführung von Kameras als Sensoren in der Produktion
Camera-as-a-Sensor bietet Mehrwert auf technischer, geschäftlicher und strategischer Ebene.
- Aus technischer Sicht überzeugt das System durch einfache, kostengünstige Konfiguration und geringen Wartungsaufwand. Es ist keine Eingriffe in die Maschinenstruktur notwendig, und die flexible Software lässt sich leicht an wechselnde Produktionsbedingungen anpassen.
- Auf der geschäftlichen Ebene stehen die Reduzierung von Stillständen und die Steigerung der Linienleistung im Vordergrund. Die vom System gelieferten Daten ermöglichen eine detaillierte Analyse von Prozessen und eine gezielte Optimierung. Zusätzlich wird die Sicherheit und Ergonomie am Arbeitsplatz verbessert.
- Die strategischen Vorteile sind jedoch besonders entscheidend: Camera-as-a-Sensor macht Unternehmen unabhängiger von Maschinenherstellern und erlaubt die vollständige Weiterentwicklung des Systems auf Softwareebene – ohne teure Hardware-Upgrades. Es fügt sich nahtlos in die Konzepte der Smart Factory und Industrie 4.0 ein und schafft so eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit.
Implementierung des Camera-as-a-Sensor-Systems
Der Implementierungsprozess basiert auf unserer 4D-Methodik, die vier zentrale Phasen umfasst: Discovery, Definition, Delivery und Direction.
- Discovery: In dieser Phase werden die Produktionsprozesse auditiert und kritische Überwachungspunkte identifiziert. Regulatorische sowie technische Einschränkungen werden geprüft und Geschäftsziele wie die Reduktion von Stillständen oder die Verbesserung des OEE-Werts (Overall Equipment Effectiveness) definiert.
- Definition: Nun wird die Systemarchitektur entwickelt. Kameras, Recheneinheiten und Integrationsmethoden in die bestehende IT-Infrastruktur werden ausgewählt. Es erfolgt eine Risikoanalyse, Kostenabschätzung sowie die Erstellung eines Projektzeitplans.
- Delivery: das System physisch installiert und anschließend einer Validierungsprüfung unterzogen. Besonderes Augenmerk liegt auf der Behandlung von Randfällen, die in einer realen Produktionsumgebung auftreten können.
- Direction : Die entscheidende Phase: Hier beginnt die kontinuierliche Verbesserung – mit Remote-Updates, funktionalen Erweiterungen und strategischer Kundenbetreuung. Das System wächst mit der Fabrik mit und wird zu einem zentralen Pfeiler der digitalen Transformation.

Case Study: Produktionsüberwachung in der Pharmaindustrie mit Kamera und KI
Ein eindrucksvolles Beispiel für die Wirksamkeit des Camera-as-a-Sensor-Ansatzes stammt von einem internationalen Pharmaunternehmen. Das Unternehmen hatte mit häufigen Stillständen zu kämpfen, die durch umkippende Fläschchen auf der Verpackungslinie verursacht wurden. Die Herausforderung war groß, da sieben Produktvarianten verarbeitet wurden – von kleinen Glasfläschchen bis zu größeren Kunststoffbehältern mit Volumina zwischen 7 und 100 ml. Zusätzliche Komplexität brachten strenge regulatorische Vorgaben mit sich: Eingriffe in die Maschinensteuerung (PLC) oder die mechanische Struktur hätten eine vollständige Revalidierung erfordert.
Die Lösung bestand im Einsatz einer einzigen Kamera, deren Bildmaterial von KI- und Machine-Learning-Algorithmen analysiert wurde. Das System konnte:
- umgefallene Fläschchen in Echtzeit erkennen,
- Bediener sofort benachrichtigen,
- Produkte zählen
- und die Linienleistung überwachen.
Alle Daten wurden auf Dashboards visualisiert, sodass das Management jederzeit Einblick in die Performance hatte.
Das Projekt wurde in nur drei Monaten umgesetzt, ohne dass eine Revalidierung notwendig war. Die Erkennungs- und Zählgenauigkeit war hoch, und das System konnte problemlos remote aktualisiert und auf weitere Linien ausgeweitet werden.

Die Zukunft von Kameras als Sensoren
Das Konzept Camera-as-a-Sensor passt nahtlos zu den zentralen Megatrends der Industrie 4.0. In den kommenden Jahren wird der Trend weg von klassischen physischen Sensoren hin zu digitalen, KI-gestützten und flexiblen Lösungen weiter zunehmen. Kameras werden ein integraler Bestandteil von Systemen zur prädiktiven Instandhaltung, unterstützen den Aufbau von Digital Twins und ermöglichen eine umfassende Analyse von Ergonomie und Arbeitssicherheit.
Langfristig ist die Vision eindeutig: Eine Fabrik, überwacht mit den Augen der künstlichen Intelligenz, in der visuelle Daten die Grundlage für Echtzeitentscheidungen bilden. Solche Technologien ebnen den Weg für die Fabrik der Zukunft – flexibel, effizient und widerstandsfähig gegenüber unerwarteten Störungen.




